Tiefenentspannung

by Thich Nhat HanhMarch 2, 2023

Im Folgenden erhältst du ein Beispiel, wie du dich selbst oder andere zur Tiefenentspannung anleiten kannst. Es ist sehr wichtig, dass du deinem Körper Ruhe gönnst. Wenn dein Körper sich wohl fühlt und entspannt ist, wird dein Geist auch friedlich sein. Die Praxis der Tiefenentspannung ist wesentlich für die Heilung von Körper und Geist. Bitte nimm dir Zeit, sie häufig zu praktizieren. Auch wenn die folgende Anleitung dreißig Minuten dauert, fühle dich frei, sie nach deinen Bedürfnissen anzupassen. Nimm dir so viel Zeit wie möglich. Fünf oder zehn Minuten nach dem Aufwachen oder nach dem Zu-Bett-Gehen oder in einer Pause inmitten eines arbeitsreichen Tages werden deinen Körper und deinen Geist entspannen. Du kannst die Übung auch verlängern und dadurch vertiefen. Hauptsache, du genießt sie. 

Lege dich bequem mit dem Rücken auf den Boden oder aufs Bett. Schließe die Augen. Lass deine Arme sanft zu beiden Seiten deines Körpers ruhen und entspanne die Füße, indem du sie leicht nach außen fallen lässt.

Während du ein- und ausatmest, spüre deinen ganzen Körper. Fühl alle Körperteile, die den Boden oder das Bett berühren: deine Fersen, die Rückseite deiner Beine, dein Gesäß, dein Rücken, die Rückseite deiner Arme und Hände, dein Hinterkopf. Fühle dich mit jedem Ausatmen tiefer und tiefer in den Boden sinken, lass alle Anspannung und Sorgen los, halte nichts fest. 

Spüre, wie sich dein Bauch beim Einatmen hebt und beim Ausatmen senkt. Fühl einfach dieses Heben und Senken deines Bauches mehrere Atemzüge lang.

Nun sei dir deiner beiden Füße bewusst, während du einatmest. Und lass sie während des Ausatmens entspannen. Wenn du einatmest, schicke deinen Füßen Liebe, wenn du ausatmest, lächle ihnen zu. Wenn du ein- und ausatmest, denk daran, wie wunderbar es ist, zwei Füße zu haben, zum Gehen, Rennen, Spielen, Sport treiben, Tanzen, Auto fahren und für viele andere Aktivitäten während des Tages. Dank deinen beiden Füßen dafür, dass sie immer für dich da sind, wenn du sie brauchst. 

Wenn du einatmest, sei dir deines linken und deines rechten Beines bewusst. Wenn du ausatmest, erlaube den Zellen in deinen Beinen zu entspannen. Wenn du einatmest, lächle deinen Beinen zu, wenn du ausatmest, schick ihnen deine Liebe. Zeig ihnen deine Wertschätzung, ganz gleich wie viel Kraft und Gesundheit in ihnen ist. Schick ihnen beim Ein- und Ausatmen Zärtlichkeit und Fürsorge. Erlaub ihnen zu entspannen und sanft in den Boden zu sinken. Lass alle Spannung in deinen Beinen los.

Wenn du einatmest, sei dir deiner beiden auf dem Boden liegenden Hände bewusst. Wenn du ausatmest, lass alle Muskeln in deinen Händen vollständig los und alle Spannung, die sich darin befinden mag. Wenn du einatmest, würdige es, wie wunderbar es ist, zwei Hände zu haben. Wenn du ausatmest, schick ein liebevolles Lächeln in deine Hände. Atme ein und aus und denk an alle Dinge, die dir deine Hände ermöglichen zu tun: kochen, schreiben, Auto fahren, jemandes Hand halten, ein Baby halten, deinen Körper waschen, zeichnen, ein Musikinstrument spielen, tippen, Dinge bauen und reparieren, ein Haustier streicheln, eine Tasse Tee halten. So viele Dinge kannst du tun, weil du zwei Hände hast. Genieß die Tatsache, dass du zwei Hände hast, und lass die Zellen in deinen Händen tief ruhen.

Wenn du einatmest, sei dir deiner beiden Arme bewusst. Wenn du ausatmest, lass deine Arme vollständig entspannen. Wenn du einatmest, schicke deinen Armen deine Liebe; wenn du ausatmest, lächle ihnen zu. Nimm dir Zeit, deine Arme wertzuschätzen, ganz gleich wie viel Kraft und Gesundheit in ihnen ist. Danke ihnen dafür, dass sie dir ermöglichen, jemanden zu umarmen, zu schaukeln, anderen Menschen zu helfen und zu dienen, zu arbeiten – das Haus zu putzen, den Rasen zu mähen und so viele andere Tätigkeiten den ganzen Tag über zu verrichten. Lass deine beiden Arme beim Ein- und Ausatmen vollständig los und lass sie auf dem Boden ruhen. Spüre, wie die Spannung deine Arme verlässt. Umarme sie mit Achtsamkeit, und spüre Freude und Leichtigkeit in jedem Teil deiner beiden Arme.

Wenn du einatmest, sei dir deiner Schultern bewusst. Wenn du ausatmest, lass jegliche Spannung in deinen Schultern auf den Boden fließen. Wenn du einatmest, schicke deinen Schultern Liebe, wenn du ausatmest, lächle ihnen mit Dankbarkeit zu. Sei dir beim Ein- und Ausatmen bewusst, dass du es vielleicht zugelassen hast, dass sich viel Spannung und Stress in deinen Schultern ansammelt. Lass mit jedem Ausatmen Spannung in deinen Schultern los und spüre, wie sie immer lockerer werden. Schicke ihnen deine Zärtlichkeit und Fürsorge in dem Wissen, dass du ihnen nicht so viel Last aufbürden willst; du möchtest in einer Weise leben, die ihnen erlaubt, entspannt zu sein und sich wohl zu fühlen.

Wenn du einatmest, sei dir deines Herzens bewusst. Wenn du ausatmest, erlaube deinem Herzen zu ruhen. Sende deinem Herzen beim Einatmen Liebe. Beim Ausatmen lächle deinem Herzen zu. Denk beim Ein- und Ausatmen daran, wie wunderbar es ist, dass dein Herz in deiner Brust noch schlägt. Dein Herz ermöglicht es dir zu leben, es ist immer für dich da, jede Minute, jeden Tag. Es macht niemals Pause. Dein Herz schlägt schon, seit du als vier Wochen alter Fötus im Bauch deiner Mutter warst. Es ist ein wunderbares Organ, das dir alles ermöglicht, was du den Tag über tust. Atme ein und denk daran, dass dein Herz dich auch liebt. Atme aus und verpflichte dich, so zu leben, dass dein Herz gut arbeiten kann. Spüre bei jedem Ausatmen, wie sich dein Herz mehr und mehr entspannt. Lass jede Zelle in deinem Herzen mit Leichtigkeit und Freude lächeln.

Wenn du einatmest, sei dir deines Magens und deiner Eingeweide bewusst. Wenn du ausatmest, lasse deinen Magen und deine Eingeweide entspannen. Wenn du einatmest, schicke ihnen deine Liebe und Dankbarkeit. Wenn du ausatmest, lächle ihnen zärtlich zu. Denk beim Ein- und Ausatmen daran, wie wichtig diese Organe für deine Gesundheit sind. Gib ihnen die Möglichkeit, sich tief zu entspannen. Jeden Tag verdauen und verarbeiten sie die Nahrung, die du isst, und geben dir Energie und Kraft. Sie brauchen es, dass du dir Zeit nimmst, sie zu beachten und wertzuschätzen. Wenn du einatmest, spüre, wie sich Magen und Eingeweide beruhigen und alle Spannung verschwindet. Wenn du ausatmest, freue dich darüber, dass du einen Magen und Eingeweide besitzt. 

Wenn du einatmest, sei dir deiner Augen bewusst. Wenn du ausatmest, entspanne deine Augen und die sie umgebenden Muskeln. Wenn du einatmest, lächle deinen Augen zu, wenn du ausatmest, schicke ihnen deine Liebe. Erlaube deinen Augen sich auszuruhen und tief in deinen Kopf hinein zu sinken. Denk beim Ein- und Ausatmen daran, wie kostbar deine Augen sind. Sie erlauben dir, in die Augen eines Menschen zu blicken, den du liebst, einen wunderschönen Sonnenuntergang zu sehen, zu lesen und zu schreiben, einen Vogel am Himmel fliegen zu sehen, einen Film anzusehen. So viele Dinge ermöglichen dir deine beiden Augen. Nimm dir Zeit, die Gabe des Sehens zu bewundern, und erlaube deinen Augen sich vollständig zu entspannen. Du kannst sanft die Augenbrauen heben, um etwaige Spannungen in den Muskeln rund um deine Augen zu lösen. 

Nun kannst du weitere Körperteile in der oben beschriebenen Art und Weise entspannen.

Wenn ein Körperteil krank ist oder schmerzt, nimm dir nun die Zeit, dir dessen bewusst zu werden, und schicke ihm deine Liebe. Wenn du einatmest, lasse diesen Teil entspannen, wenn du ausatmest, lächle ihm mit großer Zärtlichkeit und Zuneigung zu. Mach dir bewusst, dass andere Teile deines Körpers weiterhin stark und gesund sind. Erlaube diesen starken Teilen deines Körpers, ihre Kraft und Energie in den kranken oder schwachen Teil zu schicken. Spüre, wie die Unterstützung, Energie und Liebe deiner anderen Körperteile in den schwachen Teil eindringt und Linderung und Heilung bringt. Atme ein und denk an deine Fähigkeit zu heilen, atme aus und lasse alle Ängste und Sorgen los, die du vielleicht in deinem Körper bewahrst. Lächle beim Ein- und Ausatmen mit Liebe und Vertrauen dem Teil deines Körpers zu, dem es nicht so gut geht.

Werde dir schließlich beim Einatmen deines ganzen liegenden Körpers bewusst. Genieße beim Ausatmen, wie sich dein ruhig und entspannt auf dem Boden liegender Körper anfühlt. Lächle beim Einatmen deinem ganzen Körper zu und schicke ihm beim Ausatmen Liebe und Mitgefühl. Spüre, wie alle Zellen in deinem ganzen Körper voller Freude mit dir lächeln. Fühle Dankbarkeit für alle Zellen in deinem ganzen Körper. Kehre zum sanften Heben und Sinken deiner Bauchdecke zurück. 

Wenn du andere Menschen anleitest, sing nun einige ruhige Lieder oder Schlaflieder, wenn du dich dabei wohl fühlst.

Am Schluss strecke dich langsam und öffne die Augen. Lass dir Zeit und stehe achtsam und sanft auf. Versuche, die Ruhe und Aufmerksamkeit, die du soeben erzeugt hast, in deine nächsten Tätigkeiten und den ganzen weiteren Tag mitzunehmen.